• Kanzlei
  • Justizia
  • Brunnen

webakte

kontakt

Unfallschaden

Touchscreens im Auto sind gefährlicher als Handys

Dass das Telefonieren mit dem Handy während der Fahrt ohne eine entsprechende Freisprecheinrichtung verboten ist, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, dass sich dieses Verbot auch auf weitere elektronische Geräte wie Navigationsgeräte, Laptops, Fernsehgeräte oder Berührungsbildschirme, sprich Touchscreens, bezieht.

Laut § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung ist die Nutzung eines solchen Geräts während der Fahrt nur dann erlaubt, wenn es zur Bedienung weder aufgenommen noch gehalten wird und „zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.“

In modernen Autos sind inzwischen regelmäßig Touchscreens fest verbaut, über die sich zahlreiche Funktionen des Autos steuern lassen. Dabei geht es nicht nur um das Radio, sondern auch um die Bedienung notwendiger Funktionen, wie bspw. die Einstellung des Scheibenwischers. Daher stellt sich immer häufiger die Frage, inwieweit die Nutzung eines fest verbauten Touchscreens überhaupt zulässig ist, wenn es die Bedienung notwendig macht, dass der Fahrer nicht nur einen flüchtigen Blick auf den Bildschirm werfen muss.

Das OLG Karlsruhe hatten in einem solchen Fall zu entscheiden. Dabei ging es um das Touchscreen in einem Tesla. Über den Bildschirm wurde auch das Wischintervall beim Scheibenwischer eingestellt. Da es stark regnete, wollte der Fahrer die Einstellung ändern und kam bei der Bedienung des Touchscreens von der Straße ab und stieß mit mehreren Bäumen zusammen. Das OLG Karlsruhe stellte in seiner Entscheidung vom 27. März 2020 die Nutzung des Touchscreens in diesem Fall mit der Nutzung eines Handys während der Fahrt gleich (Az.: 1 Rb 36 Ss 832/19).

Das OLG machte zwar deutlich, dass es die Nutzung von Touchscreens nicht generell für verboten hält. Im konkreten Fall sei es aber problematisch, dass das „Scheibenwischer-Menü“ noch in Untermenüs aufgeteilt war und der Fahrer zwischen fünf unterschiedlichen Intervallen wählen konnte. Dies führe dazu, dass für die Bedienung ein flüchtiger Blick nicht ausreiche und der Fahrer für längere Zeit abgelenkt sei. Neben einen Bußgeld und zwei Punkten in Flensburg wurde der Fahrer zu einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.

Die Entscheidung ist dann problematisch, wenn die Autos so konstruiert sind, dass Funktionen wie Scheibenwischer, Klimaanlage, etc. nur über den Touchscreen eingestellt werden können, weil es keine mechanischen Bedienelemente gibt. Andererseits belegt eine Studie des britischen Forschungsinstitutes TRL, dass sich die Reaktionszeit bei Bedienung des Touchscreens um 57 Prozent verlängert. Zum Vergleich: Beim Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung verschlechtert sich die Reaktionszeit um 46 Prozent und unter Cannabiseinfluss um 21 Prozent. Demnach ist die Bedienung des Touchscreens weit gefährlicher.

Autofahrer sollten daher, soweit das möglich ist, alle nötigen Einstellungen vor der Fahrt einrichten. Autohersteller sollten hingegen, die Fahrzeuge so konstruieren, dass sie auch ohne Aufmerksamkeitsverlust bedient werden können.

Rechtsanwalt Straßburger steht für eine Erstberatung nach telefonischer Vereinbarung oder Kontaktaufnahme per E-Mail gern zur Verfügung.