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Unfallschaden

Typisch kindliche Fehleinschätzung – Kein Mitverschulden des Kindes an einem Unfall

Ein 11-jähriges Kind wurde beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst. Das OLG Celle sprach dem Kind mit Urteil vom 19. Mai 2021 vollen Schadenersatz zu (Az.: 14 U 129/20). Das Kind treffe kein Mitverschulden. Es habe Geschwindigkeit und Entfernung des Fahrzeugs falsch eingeschätzt. Es liege eine typisch kindliche Fehleinschätzung vor, so das OLG Celle.

Der Unfall ereignete sich an einem dunklen und nassen Dezember-Morgen kurz vor Schulbeginn. Das 11-jährige Mädchen wollte die Fahrbahn überqueren, um nicht den Anschluss an seine drei Freunde zu verlieren. Dabei wurde es von einem Auto erfasst. Der Fahrer des Wagens hatte die ersten Kinder zwar beim Überqueren der Straße gesehen, fuhr aber mit überhöhter Geschwindigkeit weiter und es kam zu dem Unfall, bei dem das Kind schwere Verletzungen mit bleibenden Folgen erlitt.

Das Kind klagte daher auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen den Fahrer des Fahrzeugs und seine Haftpflichtversicherung. Das Landgericht Verden hatte dem Mädchen in erster Instanz noch eine Mitschuld gegeben, das OLG Celle sah dies jedoch anders und gab der Klage im vollen Umfang statt. Der beklagte Fahrzeugführer hafte vollständig für die Unfallfolgen. Nachdem er die ersten Kinder beim Überqueren der Straße gesehen hatte, hätte er damit rechnen müssen, dass sich noch weitere Kinder auf der Fahrbahn befinden. Das heißt, er hätte sein Fahrverhalten sofort anpassen und die Geschwindigkeit deutlich reduzieren müssen. Zumal er die zulässige Höchstgeschwindigkeit ohnehin überschritten hatte. Ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit verhindert worden wäre.

Dem Kind sei hingegen kein Mitverschulden wegen unvorsichtigen Überquerens der Fahrbahn anzulasten, führte das OLG weiter aus. Das Mädchen habe Entfernung und Geschwindigkeit des Fahrzeugs falsch eingeschätzt. Dies begründe sich mit ihrem Alter und der gruppendynamischen Situation. Es liege ein typisch kindlich unbesonnenes Verhalten aber kein Mitverschulden vor. Vielmehr sei die Verkennung der wahren Verkehrslage, insbesondere der Entfernung und Geschwindigkeit, ein Merkmal der noch in der Entwicklung befindlichen und eingeschränkten kindlichen Wahrnehmungsfähigkeit. Doch selbst wenn ein Mitverschulden des Mädchens zu bejahen wäre, trete es hinter das überragende Verschulden des Fahrzeugführers zurück, fand das OLG klare Worte.

Rechtsanwalt Straßburger steht für eine Erstberatung nach telefonischer Vereinbarung oder Kontaktaufnahme per E-Mail gern zur Verfügung.